Vorgestern, 26. März 2016, wurde mein langes Warten belohnt: Endlich wurde meine neue CRF 1000 L DCT Africa Twin ausgeliefert (den Kaufvertrag hatte ich schon am 18. August 2015 unterschrieben).
Und gestern ging es mit ihr gleich in artgerechtes Terrain: Ein ganztägiges Enduro-Training im Stöffelpark im Westerwald. Es war einfach nur super, zumal das Wetter nach vielen Regentagen endlich mal wieder sehr freundlich, wenn auch recht kalt war.
Obwohl ich zuvor schon etwas Erfahrung mit BMW GSen im Gelände hatte (80 GS / 1150 GS / F800GS / 1200 GS; u.a. auch in Hechlingen) musste ich mich bei der ersten Übung im engen Parcour trotzdem noch etwas an die DCT gewöhnen. Auch wenn ich seit 2010 inzwischen schon mit großer Begeisterung die dritte VFR 1200 DCT fahre (sie ist gerade bei der 32.000 km Inspektion), ist es im Gelände und bei stehendem Fahren trotzdem auch für mich eine neue, aber sehr positive Erfahrung.
Nach etwa einer Stunde hatte ich mich sehr gut eingewöhnt und volles Vertrauen in die Maschine und ihre Technologie gewonnen. Danach konnte ich alle Übungen (in der mittleren von drei Gruppen) sehr gut mitmachen. Gerade in den engen und besonders langsamen Passagen war die Maschine sehr leicht zu manövrieren und vielleicht sogar ein wenig im Vorteil gegenüber den etwa 25 Gsen im Spielfeld.
Anders als bei der VFR 1200 DCT ist die Motorbremse sehr gut spür- und einsetzbar. Das machte sich insbesondere bei geringeren Geschwindigkeiten bzw. Geschwindigkeitsreduzierungen bemerkbar, wo die Vorderradbremse ohnehin nicht in Betracht kommt und die hintere nur unterstützt. Wenden im engsten Kreis, enger, nicht gleichförmiger Slalom, raus aus einem single trail und gleich wieder, nach 180 Grad Wende, rein in den nächsten bleiben zwar eine Herausforderung, haben aber mit dem DCT ohne äußere Eingriffe alle optimal geklappt.
Auch Steilhänge hoch- und runterfahren, Anfahren nach ausgeschalteter Maschine im steilen Schotterhang, Stoppen im Schotterhang runterwärts, eine Strecke von ca. 15 Meter durch Sand, alles einwandfrei. Bei all dem hatte ich das ABS nicht ausgeschaltet und den „G“-Knopf (Gravel) nur hin und wieder gedrückt, wenn ich es nicht meistens vergessen hatte.
Ich bin durchweg im „D“-Modus gefahren, auf den 70 km Hin- wie Rückweg wie auch den ganzen Tag auf dem Parcour. Das DCT hat famos geschaltet, rauf und runter, manchmal auch über mehrere Gänge hinweg. Ich kann mich an keine Situation erinnern, wo ich gefühlsmäßig anders geschaltet hätte. Eingegriffen habe ich nur testhalber, aber es dann schnell wieder vergessen – das DCT macht es einfach nur genial; ich könnte es jedenfalls nicht besser.
Zubehör / Bereifung
Montiert sind die Motorschutzplatte und der Schutzbügel von SW-Motech, die Fußrasten Pivot Pegz und Conti TKC70. Im Zulauf sind ein Navihalter von GS-Tools und eine AluRack von SW-Motech.
Erste Sturzerfahrung:
Am Nachmittag habe ich die neue Africa Twin (mit bis dahin ca. 120 km Laufleistung) im Rahmen des Trainings dann das das erste Mal hingelegt. Es war eine sehr trickreiche Passage, von einem abschüssigen, dickbelegten Schotterweg links runter direkt in eine etwa drei Meter lange Matschpfütze und auf der anderen Seite der Pfütze direkt hoch in einen etwa 7-8 Meter langen Hang mit einer engen Spurrille, im oberen Bereich beidseitig gesäumt von einer Reihe von Steinen. Die Rinne habe ich dann nicht genau erwischt, weil ich die Kurve in der Matschpfütze zu schnell genommen habe, bin dann im oberen Bereich des Hangs links auf die äußere Kante der Rille gekommen und dann nach rechts umgefallen.
Die einzigen sichtbaren Auswirkungen des Sturzes waren - nach dem heutigen Waschen - leichte Kratzer am ESD und am rechten Handprotektor. Sonst nichts; nichts kaputt oder verbogen oder verbeult. Noch nicht einmal den Spiegel hat es erwischt (außer, dass er völlig verdreckt war). Allerding muss man dazu sagen, dass es bei nur geringem Tempo passiert ist, kaum über Fußgängergeschwindigkeit.
Also: Das Material funktioniert wie es soll und hilft jedenfalls, bei solchen Trainings im off road Parcour ohne große Sorgen mitzufahren. Und schließlich handelt es sich um eine artgerechte Bewegung.
Bereifung TKC70:
Auch die Conti TKC70 Bereifung hat sich gestern schon sehr gut bewährt; auf der Straße fährt sich dieser Reifen fast wie ein „normaler“ Straßenreifen; das „Fast“ bezieht sich darauf, dass das Fahrgeräusch ein klein wenig höher ist, wenn auch kein Vergleich zum TKC80, die ich zeitweise auf meiner letzten BMW GS 1200 hatte. Das Fahrverhalten des TKC70 ist insgesamt, aber auch speziell der Kurvengripp und die Fahrgenauigkeit sehr gut. Und im Gelände spürt man, dass es sich nicht um normale Straßentouringreifen handelt; er kommt dem TKC80 bzgl. Gripp im Gelände schon recht nahe. Gestern habe ich jedenfalls die Stollenreifen nicht wirklich vermisst, jedenfalls die Kollegen mit TKC80 sind nicht weitergekommen als ich mit dem TKC70 (auch nicht an der Stelle, an der ich gestürzt bin).
Noch ein Wort zur Ergonomie:
Die standardmäßige Einstellung von Lenker, Armaturen und Fußrasten sind für die normale Sitzhaltung auf der Straße für mich (182 cm groß) optimal: draufsitzen und wohlfühlen. Die einzige Voraussetzung ist, wenn man mehrere Motorräder abwechselnd fährt, ist, dass man sich auf die etwas andere Physik einlassen muss (Superbike versus 21 Zoll Enduro). Wenn man dazu bereit ist, dürfte auf öffentlichen Straßen ehrlicherweise kaum ein Unterscheid in den erreichbaren Kurvengeschwindigkeiten feststellbar sein (das gilt sicherlich auch für den Telelever bei der GS).
Was mir ausgesprochen positiv aufgefallen ist, sind die Rückspiegel. Seit langen erlebe ich auf der Africa Twin zum ersten Mal wieder Rückspiegel, die tatsächlich serienmäßig ihre Funktion erfüllen und nicht nur meine Oberarme zeigen. Spiegelverbreiterungen brauche ich an dieser Maschine jedenfalls keine.
Beim stehend Fahren im Gelände war der ansonsten für mich sehr schön gekröpfte Lenker allerdings zu weit hinten und damit zu weit unten. Im Stehen war ich zu sehr nach vorne gebeugt, was auf die Kondition geht. Ich habe den Lenker dann – nach Lösen der vier Imbusschrauben - gerade hochgestellt, und danach war es optimal zum stehend Fahren. Sogar der Winkel des Vorderradbremshebels stimmte weiterhin. Nur auf dem Heimweg hatte ich das Gefühl, dass der Lenker für die sitzende Position vielleicht etwas zu hoch ist; das werde ich noch ausprobieren; vielleicht gibt es einen noch akzeptablen Kompromiss.
Vergleich DCT 2. zur 3. Generation:
Noch ein kleiner Kommentar zu Evolution von der zweiten Generation des DCT, wie es im 2012-er Modell der VFR 1200 DCT verbaut ist im Vergleich zur dritten Generation in der CRF 1000 L:
Die VFR 1200 DCT ist ein wunderbares Motorrad, für mich der Sporttourer par excellence. Das dortige DCT schaltet wunderbar rauf und runter, auch bei ihr fahre ich nahezu ausschließlich im „D“-Modus und greife nur in Ausnahmefällen ein, z.B. beim schnellen Herausbeschleunigen aus Serpentinenkurven oder beim Überholen am Berg. Im Vergleich mit der dritten Generation spürt man jedoch die Schaltvorgänge und sie sind auch nicht so spontan und flüssig. Bei der CRF 1000 LD sind die Schaltvorgänge nur noch an den Drehzahlsprüngen bzw. den dabei auftretenden Geräuschunterschieden feststellbar. Die Schaltvorgänge gehen unglaublich schnell vonstatten, runter bisweilen über mehrere Gänge, wobei ich den Eindruck habe, dass das DCT etwas Zwischengas gibt. Auch in widrigen Stellen im off road Parcour hat das DCT stets zu 100% den richtigen Gang zur Verfügung gestellt. Einfach nur genial!!!
Im Ergebnis und kurz zusammengefasst:
Ich bin von der Africa Twin restlos begeistert. Die Maschine hat absolut alles wunschgemäß gemacht. Sie ist ausgesprochen solide und durchdacht konzipiert. Sie ist wunderbar leicht zu fahren. Sie ist bequem und zugleich in ihrem Element sehr sportlich unterwegs. Und von meiner Frau weiß ich zu berichten, dass sie auf Grund des offeneren Kniewinkels im Vergleich zur VFR 1200 deutlich bequemer sitzt.
Wie heute üblich, sind es wir Menschen, die häufig der Technik unterlegen sind.
Also top! Ich freue mich auf viele problemlose Kilometer mit der neuen CRF 1000 LD Africa Twin.