Hallo zusammen
Ich fahre seit knapp einem Jahr die Adventure Sports 1100 SD09 mit EERA aber ohne DCT, dafür mit Quickshifter. Nach einer zweiwöchigen Frankreich-Tour im letzten Herbst und einer fünfwöchigen Tour Frankreich - Spanien in diesem Sommer ist sie jetzt 11 Monate alt und hat 19’000 km auf dem Tacho. Da ich schon oft von diesem Forum profitiert habe, möchte ich hier etwas zurückgeben und ein paar Erfahrungen mitteilen. Vielleicht kann ich dem einen oder andern bei einer Entscheidung helfen.
Auf der fünfwöchigen Tour durch Frankreich (Jura, Ardèche, Cevennen und Route des Grandes Alpes auf dem Rückweg) und ganz Spanien (Pyrenäen, Sierra Nevada, Südspanien bis Tarifa) waren wir zu Dritt insgesamt 7500 km unterwegs, häufig auf kleinen und kleinsten und auch schlechten Strassen. Die ATAS hat alles klaglos mitgemacht und souverän gemeistert. Bis heute war nie eine Schraube locker und sie hat keinen Tropfen Öl verbraucht. Im Gegensatz zu meinen Kollegen musste ich auch die Kette auf der ganzen Reise nie nachspannen. Insgesamt kann ich sagen: Wenn ich auf diesem Töff sitze, habe ich das Gefühl, ich könnte ohne Panne um die Welt fahren.
Schon nach dem Kauf hatte ich die original Windschutzscheibe gegen eine Scheibe von WRS getauscht. Sie ist 5 cm kürzer und passt mir sehr gut. Ich bin 178 cm gross und kann so gut über den Rand blicken. Letzten Winter habe ich noch die Sturzbügel von Touratech montiert (gefallen mir besser als die Originalen; was sie nützen, kann ich glücklicherweise nicht sagen), dazu auch die Auflagenvergrösserung Seitenständer (der Töff steht im Terrain sicherer und krängt nicht mehr so stark über). Zudem hat mir der Mechaniker beim Kupplungshebel eine Stellschraube montiert, damit ich den Hebel auf meine kurzen Finger einstellen kann. Ach ja, und die oberen Windabweiser montiert (bringt etwas bei geöffnetem Visier). Insgesamt fühlte ich mich sehr wohl auf der Maschine, habe auch nach 6-7 h Fahrt keine Probleme (mit Originalsattel, untere Position).
Die Motorleistung ist absolut zufriedenstellend, auch bei Überholmanövern hatte ich nie das Gefühl, dass da etwas fehlt. Der Sound ist gut, kommt aber nicht an die ATAS 1000 meines Kollegen heran, die donnert ganz anders. Bei meinen Ausflügen verbrauche ich ca. 5,2 l, auf der Tour waren es 4,5 - 5 l. Die Reichweite ist mit 400 km oder mehr somit sehr gut. Das Benzinfass der ATAS ist aber schon sehr mächtig und vollgetankt deutlich spürbar. Ich denke, der Tank der Standard würde auch genügen.
An meiner ATAS wurde im Frühjahr die Rückrufaktion zur Entfernung der Rückstände im Tank durchgeführt. Letztes Jahr hat mir der Motor unterwegs zweimal abgestellt, seit der Aktion nie mehr. Ein Ärgernis ist aber das Tagesfahrlicht. Dieses schaltet sich bei meinem Töff immer wieder aus. Sämtliche updates, auch nach Rezept in diesem Forum, auch mehrmalige Nachfrage bei Honda, haben nichts genützt. Nachdem mir meine Kollegen versichert haben, dass ich mit Abblendlicht besser sichtbar sei als mit TFL, habe ich darauf verzichtet und bin mit Abblendlicht gefahren.
Der Komfort ist sehr gut, Wind- und Wetterschutz ebenfalls. Bei kurzen Regenschauern muss man gar nicht zum Regenkombi greifen. Das Ganze ist aber nicht nur zum Vorteil: Bei 38 Grad wünschte man sich mehr Zugluft! Meine Textilkobi war eindeutig zu warm. Etwas störend waren manchmal die Vibrationen in der Gashand, v.a. auf Überlandstrassen bei ca. 90 km/h. So habe ich möglichst oft den Tempomat verwendet und den Griff der Finger gelockert. Sehr genossen habe ich das EERA. Ich wechsle oft zwischen Einstellung “Tour“ und einer benutzerdefinierten Einstellung mit weicher Dämpfung und wenig Power/wenig Motorbremse. So kann ich auf verwinkelten Strässchen ohne Lastwechsel durch die Kehren ziehen. Sehr gut funktioniert der Quickshifter, up und down, down am besten bei etwas flotterer Fahrweise. Nachdem ich ein paar Mal „neutral“ erwischt habe, was in einer Spitzkehre zum Adrenalinschub führt, habe ich dann vom 2. in den 1. Gang normal geschaltet und da auf den Quickshifter verzichtet.
Vor Tourbeginn hatte ich neue Reifen aufgezogen. Der Dunlop Meridian, den ich vorher drauf hatte, kam für mich nicht in Frage, weil er nach 3000 km schon mehr als zur Hälfte runter war. Der Michelin Anakee Adventure war nicht lieferbar, so bin ich schliesslich beim Conti TK 70 gelandet (mit Mittelsteg, wegen der Laufleistung). Der Reifen hat sich insgesamt sehr gut bewährt, zeigte in keinem Bereich Schwächen, ist vielleicht etwas „hölzern“ zu fahren und braucht Anwärmzeit, wie ich zweimal kurz nach dem Start am Hinterrad erfahren habe. Gefahren bin ich (75 kg netto plus 32 kg Gepäck) mit 2,25 bar vorne und 2,6 bar hinten. Nach 7500 km sind die Reifen erst zur Hälfte abgefahren und auch hinten noch rund, keine Ecken. Gefahren sind wir meist auf Nebenstrassen, fast keine Autobahn, oft auch auf kleinsten und schlechten Strassen, aber eher selten ohne Belag. Dafür in Südspanien auch mal auf einer veritablen Sandpiste, eine neue Erfahrung für mich! (Das konnte übrigens der Fahrer/der Reifen/das vollgeladene Motorrad weniger gut).
Das Handling der ATAS gefällt mir sehr gut. Man kann sie auch sportlich bewegen und in die Kurve legen. Ich habe mir angewöhnt, bei diesem Töff die Hinterradbremse mit zu verwenden (die übrigens sehr gut ist!), damit er weniger eintaucht und ich ihn in engen Kurven früh ans Gas nehmen und „strecken“ kann. Dank Federweg und 21-er Vorderrad sind auch Schlaglöcher, Randsteine etc. kein Problem. Nach wie vor grossen Respekt habe ich mit meinen 178 cm und mittlerweile 70 Jahren vor Manövern im Stand und bei langsamer Fahrt. Da ist die ATAS wirklich gross und schwer und mit ihrem hohen Schwerpunkt auch kippelig, insbesondere vollgetankt mit Gepäck auf der Tour! Beim Manövrieren muss man daher achtsam sein und überlegen, was man macht, sonst liegt man am Boden (was dem Kollegen passiert ist, mir zum Glück nicht). Auch in sehr engen Spitzkehren ist die ATAS mit ihrer Länge nicht besonders handlich. Ich hatte zudem das Gefühl, dass der 2. Gang etwas lang übersetzt ist, man muss dann die Kupplung schleifen oder in den 1. Gang wechseln.
Zum Gepäck: Ich hatte die original Alu Seitenkoffer montiert, dazu eine wasserdichte Tasche 49 l von Touratech und der wasserdichte 4,5 l Honda-Tankrucksack. Im Unterschied zur letztjährigen Tour habe ich diesmal auf das Topcase verzichtet. Ich hatte das leer dabei, damit ich bei Pausen den Helm und die Jacke versorgen kann, aber ich habe von diesem Komfort zu selten Gebrauch gemacht. Jetzt habe ich Helm und Jacke bei Bedarf einfach mit einem Kabelschloss gesichert. Dies hat mit 7 kg weniger hinten oben (Topcase + Platte) und 7 kg mehr vorne unten (Sturzbügel) das Handling deutlich verbessert. Wir waren mit Campingausrüstung unterwegs. Ich habe fast jeden Ausrüstungsgegenstand gewogen und bin so bei einem Gewicht von 32 kg gelandet (komplett, mit Aluboxen und Tasche). Diesmal habe ich anders gepackt: Alles, was schwer zu ersetzen ist, kam in die abschliessbaren Alukoffer. Also Zelt (MSR Hubba Hubba passt hinein), Luftmatratze, Schlafsack usw. in die Koffer, Kleider (T-Shirts, Unterwäsche, Jeans etc.) in die Tasche. Hat sich bewährt: die Gewichtsverteilung ist gut, und bei Hotelübernachtung nimmt man einfach die Tasche und den Tankrucksack mit. Die wasserdichten Innentaschen für die Aluboxen kamen aber nicht mit, sie verbrauchen zuviel Platz. Die Boxen sind ja wasserdicht, man muss nur aufpassen, dass man beim Schliessen beim Deckel nichts einklemmt.
Noch ein Wort off-topic zum Thema Navigation: Ich habe ein Garmin mit Kugelgelenk am Lenker und somit knapp unterhalb des Displays montiert. Bei richtiger Neigung ist das Gerät immer perfekt ablesbar. Wenn die Sonne im Rücken scheint, macht mein Körper Schatten.
Persönlich bin ich kein Freund vom dynamischen Routing. Bei zwei identischen Geräten (Garmin 396 LMT), mit identischen Einstellungen, weichen die geplanten Routen oft schon an der ersten Kreuzung voneinander ab! Daher bevorzuge ich den Track, auf dem grossen Bildschirm z.B. mit kurviger.de erstellt und aufgezoomt im Detail überprüft. Unterwegs ist das mit dem Handy aber kaum zu machen, daher sind wir bei Garmin adventurous routing gelandet. Das ist manchmal ok, aber oft auch fehlerhaft. So wollte uns Garmin manchmal in Pfade locken, wo man auch als Fussgänger die Hände zu Hilfe nehmen muss… Wir waren ständig am Umschalten bei den „Eigenschaften“, was die Geräte dann jeweils mit einem Absturz quittiert haben. Navigation mit Garmin war jedenfalls regelmässig eine Quelle des Ärgernisses.
Soviel zu meinen Erfahrungen mit der ATAS 1100. Wenn jemand eine Frage hat, z.B. zur mitgeführten Ausrüstung, gebe ich gerne Auskunft.
Liebe Grüsse Zbude