Hallo zusammen,
ich möchte Euch meine ersten sehr guten Fahreindrücke von der neuen Africa Twin 1100 Adventure Sport ES DCT schildern, die ich am vergangenen Montag erstmals angemeldet habe. Gleich danach habe ich zwei Tagestouren zunächst im Westerwald und Taunus (410 km Landstraße bei einem Schnitt von 58 km/h bei 4 - 8 Grad und abwechselnd Nieselregen und Regen) und dann Eifel und Hohes Venn (390 km Landstraße bei einem Schnitt von 63 km/h bei 7 bis 12 Grad und trocken) gemacht. Aktuell ist die Maschine jetzt 810 km gelaufen. Nächste Woche ist es soweit für die Erstinspektion.
Ich beschränke mich hier auf Aspekte, die mir aufgefallen sind, wobei ich den Vergleichstest in der heutigen MOTORRAD gelesen habe.
Insgesamt hat die Maschine m.E. einen riesigen Schritt nach vorne gemacht, wenn man nicht auf der Suche nach einem puristischen Motorrad, wie z.B. die Yamaha 700 Teneré, ist. Sie ist vergleichsweise leicht, ungemein handlich, komfortabel (alle drei Aspekte für mich noch besser als die „alte“ Africa Twin) und bietet hinreichend Platz für die Reise. Die hervorragenden Schotterqualitäten gerade vom DCT-Modell habe ich schon beim alten Modell sehr geschätzt, worüber ich auch schon berichtet habe, das kann nur noch besser geworden sein. Zusammengefasst:
Was mir sehr gut gefällt:
• Die vorgegebene Standardeinstellung „Tour“ ist für mich ideal. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass ich als nebenher Fireblade-Fahrer eher die straffere Federung favorisiere. Bei einer kleinen Probefahrt auf Schotter hat mir auch das gleichnamige Programm gefallen. Da ich auf dem (konfigurierbaren) Favoritenknopf die „Gravel-Einstellung“ gelegt habe, konnte ich diesen während der Fahrt einfach ein- oder ausschalten.
• Wer mit der Standardeinstellung nicht glücklich ist, kann in zwei frei programmierbaren Benutzermodi alle Anpassungen an Federung und Dämpfung, getrennt nach vorne, hinten und gesamt, machen, wie es beliebt. Das ist am Touchscreen einfach zu bewerkstelligen und braucht man wahrscheinlich nur zwei oder dreimal, bis man sein Optimum gefunden hat.
• Die neue Africa Twin hat durch das wesentlich straffere Fahrwerk in der Standardeinstellung für mich enorm an Agilität und Präzision gewonnen. Mich erinnert sie jetzt an die frühere BMW HP 2 Enduro. Sie flößt ungemein Vertrauen ein, für mich noch mehr als bisher.
• Zugleich ist für meine Bedürfnisse der Komfort gewachsen, da jede Schwammigkeit verschwunden ist. Die „alte“ Africa Twin ist unbestreitbar eine sehr gut fahrbare und komfortable Maschine, aber die neue ist mit dem elektronischen, semiaktiven Fahrwerk trotzdem ein großer Schritt weiter. Dies ist mir besonders auf den Streckenabschnitten in den „hintersten“ Eifel aufgefallen, die nur noch aus grob eingebauten und welligen Teerflecken bestehen. Die Neue lag selbst bei hoher Geschwindigkeit noch ruhig und stabil wie das besagte „Brett“ und war zugleich immer noch komfortabel und präzise.
• Die Leistung ist (grundsätzlich wie bisher) mehr als ausreichend. Es macht sich aber auch für mich sehr angenehm bemerkbar, dass Leistung und Drehmoment jetzt deutlich früher und höher anwachsen als zuvor. Ich habe sogar bei einem Überholvorgang unbeabsichtigt ein kleines Wheelie gemacht, was mich zwar etwas irritiert hat aber letztlich unproblematisch war.
• Was mir auch sehr viel besser gefällt ist die Wirkung der Motorbremse. Sie kann in drei Stufen eingestellt werden und ist bei der Tour-Standardeinstellung auf „2“, was für mich perfekt ist. Im Gegensatz zu den DCT-Versionen der VFR Gen 1 und Gen 2 und der alten Africa Twin reicht die Motorbremse jetzt spürbar bei kleineren Geschwindigkeitsanpassungen völlig aus.
• Die neue Africa Twin hat den ersten Seriensitz, der mir auch nach 8 Stunden Fahrt nicht weh tut.
• Sie ist, wie das Vorgängermodell, eines der wenigen Motorräder, bei denen die Rückspiegel schon serienmäßig uneingeschränkte und gute Sicht nach hinten erlauben.
• Die Geschwindigkeitsregelanlage funktioniert wie sie soll und ist nach kurzer Einübung einfach zu bedienen. Auch Anpassungen sind durch einfaches Tippen nach unten oder oben leicht machbar und werden unverzüglich und schnell umgesetzt.
• Das Kurvenlicht ist in der Dunkelheit hilfreich und funktioniert sowohl bei Abblendlicht, bei Volllicht wie bei Abblendlicht und gleichzeitiger Lichthupe.
• Toll ist es, dass ich jetzt nicht mehr unterwegs während eines Fahrtages eine Tankstelle suchen muss. Ich habe für die 810 km bislang nur zweimal je 20 Liter getankt. Bei einem Verbrauch von 5 Liter auf 100 km käme ich also 500 km weit. Wenn ich etwas weniger forsch fahren würde, wäre es sogar mehr.
• Der große Tank ist weder von seiner Ausdehnung noch vom Gewicht wirklich spürbar. Die Maschine hat für mich jetzt eine perfekte Ergonomie (beim alten Modell musste ich den Lenker um wenige Zentimeter nach oben verstellen) und sehr guten Knieschluss, was das Handling sehr erleichtert. Zur Verbesserung des Knieschlusses habe ich die von Honda angebotenen großflächigen Tankpads montiert, die auf mich einen sehr guten Eindruck machen (bislang habe ich die von TechSpec).
• Smartphonehalter (von Hondo-Garage) und Navi (TomTom) habe ich via Ram-Mount links bzw. mittig gut am Lenker montieren können; der jetzt fehlende Bügel oberhalb der Instrumente war zwar bei der „alten“ Africa Twin sehr praktisch, aber es geht auch ohne.
• Der Windschutz ist sehr gut, obwohl die Maschine insgesamt schmaler wirkt und ist als das bisherige Modell.
• Der vordere Kotflügel ist etwas länger als der Bisherige, so dass weniger Dreck hochgeschleudert wird.
• Um bei kalter Witterung die Hände noch etwas besser zu schützen, habe ich von Barkbuster die BBZ montiert (https://barkbusters.net/products/bbz/), die auf grundsätzlich vielen Maschine passen (so auch auf der alten Afrika Twin oder meiner Fireblade). Ich musste einzig die weißen Blenden von den Serienhandschützern entfernen, was einfach ist.
• Wie bisher habe ich ein Stormcase IM2200 (https://www.pelican.com/us/en/product/cases/storm/im2200) direkt mit vier Schrauben mit Schraubensicherung auf die Gepäckbrücke montiert. Es dient mir als kleines Topcase für leichte Sachen, wie Vesper, Ersatzhandschuhe und Tempos oder nicht benötigte Unterzieher.[/list]
Was mich weniger gefällt:
• Die Konnektivität mit einem Android-Smartphone ist bekanntlich nicht gegeben. Im Gegenteil, wenn ich mein Smartphone über USB-Kabel mit dem USB-Stecker verbinde, um es aufzuladen, kommt der Hinweis: „Diese Gerät wird nicht unterstützt“; trotzdem funktioniert das Aufladen wenigsten. Zugleich habe ich festgestellt, dass mein Smartphone sich nicht mehr mit meinem Cardo Headset verbindet, wenn es mit dem Honda-Display verbunden ist. Insofern bringt es m.E. nichts, mein Samsung Smartphone via Bluetooth zu verbinden. (Ich kann nichts dazu sagen, ob man darüber Musik steuern kann, das habe ich nicht ausprobiert.) Ich bin gespannt, wie lange es dauert, bis Honda Android Auto nachliefert.
• Die Windscheibe ist für meinen Geschmack selbst in der untersten Stellung viel zu hoch. Sobald ich über eine größere Bodenwelle fahre oder mich vor einem Abhang befinde muss ich durch die Scheibe schauen, wenn ich den Verlauf des Weges im Blick behalten möchte, was mir sehr unangenehm ist, zumal wenn die Scheibe verdreckt ist. Hier werde ich eine kürzere Scheibe montieren, sobald verfügbar.
• Die Geschwindigkeitsregelanlage funktioniert leider nur ab 50 km/h. Ich hätte mir gewünscht, sie schon ab 30 km/h einsetzen zu können, da das in meiner Gegend häufig vorkommt. Gerade dann wäre mir das praktisch.
• Der Blinkerknopf ist gefühlt deutlich filigraner geworden, was die Bedienung mit Winterhandschuhen für mich schwieriger macht, weil ich mich darauf konzentrieren muss.
• Die Vielzahl der Knöpfe ist zumindest gewöhnungsbedürftig. Das gilt, obwohl die meisten Einstellungen wie schon beschrieben, wahrscheinlich nur zwei- oder dreimal über den Touchscreen verstellt werden müssen. Sie ist m. E. jedoch verwirrend, wenn man z. B. unterwegs die Heizgriffe einstellen muss. Bislang war es ein Knopf, der am linken Handgriff ggf. mehrfach gedrückt werden musste, bis zur gewünschten Wärmeeinstellung; jetzt sind es zwei Schalter, zuerst einer rechts und dann ein Schalter links, wobei man gleichzeitig auf dem Display sehen muss, auf welcher Heizstufe man gerade ist und wie man sie verändert. Das ist in meinen Augen nicht praxisgerecht.
Was ich noch machen möchte: PivotPegz (http://www.pivotpegz.info/) wie bisher, da mir die gummibewehrten Serienfußrasten für Schotterfahrten nicht tauglich erscheinen und ich den direkten breiten Metallkontakt favorisiere.
Insgesamt bin ich sehr zufrieden und freue mich schon auf einige schöne Touren in diesem Jahr.